Stilproben

 

 
 

 

wurde gestern auch in zweiter Instanz abgeschmettert. Die Richter des 1. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Jena sahen den Vorwurf arglistiger Täuschung beim Kauf des herrschaftlichen Anwesens nicht bestätigt. Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen.
In der mündlichen Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende Richter, Dirk Schwerdtfeger, der Staat habe von der Möglichkeit, sich selbst zu schützen, „keinen Gebrauch gemacht“.  Man hätte von der Käuferin ein aussagefähigeres Nutzungskonzept anfordern können. Überdies hätten von vornherein im Vertragsentwurf bestimmte Nutzungsarten ausgeschlossen werden können, um das Objekt nicht „zweifelhaften Personen oder Gruppierungen“ zu überlassen.
Derart „exponierte Objekte“ wie das Rittergut in Guthmannshausen zögen eben auch dubiose Einrichtungen an, meinte der Richter. Das Rittergut war im Mai 2011 an eine Käuferin aus Hessen veräußert worden,  die die Immobilie umgehend an den Verein „Gedächtnisstätte e.V.“ vermietete. Seither finden in regelmäßigen Abständen Tagungswochenenden mit rechtsextremem und revisionistischem Hintergrund statt.
Die Blamage des Freistaats vor dem OLG wäre durchaus vermeidbar gewesen, unterstrich die Linken-Politikerin Martina Renner. Bereits im Vorfeld der Kaufverhandlungen sei bekannt gewesen, dass der extrem rechte Verein „Gedächtnisstätte“ in Mitteldeutschland eine neue Bleibe suchte.
Diese Information sei aber an die zuständigen Behörden nicht weiter gegeben worden –  obwohl die Landesimmobilie hundertprozentig in das allgemein bekannte Raster der Bedürfnisse von Neonazis passe. „Spätestens das hätte eine genaue Durchleuchtung der Käuferin erfordert“, betonte die Bundestagsabgeordnete.
In einer ersten Stellungnahme nahm das Finanzministerium das Urteil des OLG mit Bedauern zur Kenntnis. Weitere rechtliche Schritte würden geprüft um zu verhindern, dass in einer früheren Immobilie des Freistaats „möglicherweise verfassungsfeindliches Gedankengut“ verbreitet werde.
Auf Anfrage erklärte ein Sprecher des Ministeriums, dass im Thüringer Liegenschaftsmanagement - der für den Verkauf verantwortlichen Landesbehörde -  keine personellen Konsequenzen gezogen wurden.  Es habe keine Anzeichen gegeben, die auf die entsprechende Gesinnung und Absichten bei der Käuferin hätten hindeuten können.
Gleichwohl habe man auf die Geschehnisse um Guthmannshausen mit weiteren Klauseln im Kaufvertrag „sensibler Objekte“ reagiert. Künftig behält sich der Freistaat ein Wiederkaufsrecht vor.

Die Linken-Politikerin Renner jedenfalls sieht das Rittergut endgültig in der Hand des extrem rechten Vereins: „Wir gehen davon aus, dass der Kauf nicht rückgängig gemacht werden kann“ . Und auch im Rittergut selbst ist man siegesgewiss.  Acht über zwei Meter hohe Gedenksteine für die Opfer des Zweiten Weltkrieges und ein Obelisk ragen mittlerweile neben dem Herrenhaus in den Himmel – gleichsam eine Manifestation unbeugsamen rechten Besitzerstolzes.

 

Daniela Egetemayer